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Freitag, 12. Dezember 2008

Der Schrottwichtel, der wandern durfte

Zu meiner Schulzeit war das vorweihnachtliche Wichteln immer das große Schreckgespenst für die Familie, weil uns nie etwas originelles und gleichzeitig preiswertes einfiel, das wir hätten einpacken und in den großen Sack schmeißen wollen. Einmal, als ich so 12 oder 13 war, hatten wir wieder kein Geschenk am besagten Wichteltag, dafür aber eine riesen Kiste Orangen. Mein Vater hatte dann kurzerhand die originelle Idee, dass ich doch die Orange hübsch verpacken könnte und in den Wichtelsack stecken sollte. Gesagt getan. Wir fanden die Idee witzig, doch in der Schule war diejenige, die das Glück hatte, eine verpackte Orange ziehen zu dürfen, ziemlich enttäuscht und dieses Wichtelgeschenk wurde zum Pausenhofthema des Monats. Ich habe mich selbstverständlich nicht geoutet, sondern nur heimlich, still und leise amüsiert.

Mittlerweile erfreut sich ja unter den Großen das sogenannte Schrottwichteln größter Beliebtheit. Jeder packt ein Geschenk ein, das er selbst bekommen hat und welches er - ganz wichtig - für den allergrößten Schrott hält, daher auch der Name Schrottwichteln.

Letztes Jahr also gewann der Freund meiner Schwester beim Schrottwichteln einen Garten- oder Weihnachtszwerg, ca. 40 cm hoch, aus Kerzenwachs gegossen und mit Docht versehen. Das gute Stück war früher sicherlich mal pink, aber mittlerweile durch jahrelange Lichteinwirkung etwas verschossen, so dass die Farbe stellenweise eher an eine Tarn-Dessous-Farbe erinnerte, also fleischfarben, keinesfalls nude, sondern wie billige rosastichige Hauttöne im Unterwäschebereich.

Der glückliche Wichtelgewinner freute sich so sehr über den Wichtel, dass er ihn prompt an meine Schwester verschenkte. Meine Schwester wiederum bot mir diesen Zwerg an als Geburtstagsgeschenk für die eine oder andere Person, deren Name ich jetzt nicht näher andeuten möchte.

Ich sagte ihr, ich wolle den Gnom mal sehen, wegschmeißen könne ich ihn dann ja immer noch oder verschenken oder so. Also ließ mir meine Schwester noch vor Heilig Abend diesen Zwergenwichtel aus verschossenem rosa Kerzenwachs zukommen. Qualitätsmindernd war auch noch, dass dieses Teil nicht mal ohne Krücke stehen konnte, oder man musste ihn gegen die Wand lehnen.

Bei uns im Haus wohnt ganz oben in einer Art Penthouse ein sehr distinguiertes, stilvolles älteres Ehepaar. Sie geht nie ungestylt und ohne teures Parfum aus dem Haus und er trägt stilbewusst handgenähte Schuhe zum passenden Auto. Die Herrschaften haben so viel Stil, dass sie in der Vorweihnachtszeit auch immer vor ihrer Wohnungstür ein Windlicht brennen haben und ein bißchen passende Deko zur noch passenderen Fußmatte aus Kokos im Weihnachts-Design haben. Man geht artig zur Kirche am Heiligen Abend und schmettert abends dann ein "Oh du fröhliche", das seinesgleichen sucht, hörbar im ganzen Haus.

Am Vormittag des Heiligen Abends gab der Postbote noch ein Last-Minute-Päckchen bei mir ab, welches für das bereits erwähnte Ehepaar war. Ich brachte es ihnen, als ich hörte, dass sie von ihren letzten Besorgungen wieder zurück waren und sah neben ihrer Wohnungstür diesen alten Stuhl, der wieder stilvoll mit grünem Tannenreisig, großem Windlicht mit dicker Kerze dekoriert war. Und was sah ich neben dem Windlicht? Zwei süße, kleine, wächserne Weihnachtswichtelchen, so zwergenähnliche Gestalten aus Kerzenwachs in dunkelrot. Mir schoss sogleich ein Gedanke durch den Kopf.

Nun war es letztes Jahr so, dass genau diese Herrschaften am 1. Weihnachtsfeiertag in aller Früh das Haus verließen, vermutlich zum schicken Ausspannen im eigenen Chalet zwischen den Jahren. Kaum hatte ich von meinem Freisitz aus beobachtet, dass die Herrschaften auch wirklich weggefahren waren, schlich ich in die oberste Etage und stellte meinen verschossenen, schiefen, fleischfarbenen, 40 cm hohen Schrottwichtel zu dem antiken mit Windlicht und Edel-Wichteln dekorierten Stuhl. Ich lehnte ihn elegant ans Stuhlbein und freute mich diebisch, obwohl ich nichts geklaut, sondern - im Gegenteil - etwas gebracht hatte.



Meine Familie und ich amüsierten uns heftig über diese Wanderung des Schrottwichtels und stellten uns schon die leicht indignierten Gesichter des distinguierten Ehepaares vor, wenn diese aus ihrer Winterfrische wieder zurückgekehrt sein würden.

Heute nun, fast ein Jahr später, machte ich eine Entdeckung, die mich fast umhaute. Der Schrottwichtel hat eine echte Heimat gefunden. Ein liebevolles, älteres, distinguiertes Ehepaar hat ihn ins Herz geschlossen. Er ist wieder da! Nur diesmal wurde er als Gartenzwerg in den Kübel des Zitronenbäumchens gesetzt, welches zum Überwintern ins Treppenhaus gestellt wurde.



Ob ich den beiden mal sagen soll, dass es mich wirklich freut, dass der Wanderwicht bei ihnen sesshaft geworden ist?

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Sabine von der Weihnachtsbloggerei